Asien, Thailand
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Hua Hin: „I tell you what!“

Wer auf sein Budget achten muss, kommt nicht häufig in den Genuss, in einem Zimmer mit Balkon und Ausblick übernachten zu dürfen. Als wir in Hua Hin für kleines Geld genau das vorfinden, ist die Freude groß. Und während wir am Abend erschöpft vom Tag, der mit dem Food Market begann und auf dem Night Market endete, zurückschlurfen, entscheiden wir uns den Abend mit einem Absacker auf dem eigenen Balkon ausklingen zu lassen.

Die Gäste der Animal Kingdom Lodge in Disneyworld in Orlando können direkt vom eigenen Balkon aus Giraffen, Elefanten und Co. beobachten. Wer sich allerdings in Hua Hin in Thailand ein Guesthouse mit Balkon in Richtung Hafen aussucht, wird schnell Zeuge eines ähnlichen Spektakels. Im Schutz der Dämmerung wagt sich so manches Getier aus der Deckung: ein paar Ratten jagen sich gegenseitig in den nächsten Unterschlupf, die Kakerlaken flanieren mit aufreizender Lässigkeit über den Asphalt und ein Rudel Straßenköter, offensichtlich angestachelt, bellt einen anderen Hund in die Defensive. Ja, wir kriegen wirklich was geboten an diesem Abend. Wir öffnen uns ein thailändisches Bier und lassen den Blick weiter schweifen. Als habe er, im Bewusstsein für das große Finale bestellt zu sein, hinter der Bühne gewartet, hüpft nun ein Frosch im Zick-Zack Kurs durch das Szenario. Jugendliche fahren mit dem Motorroller Richtung Pier, um dort den Abend unter ihresgleichen zu verbringen. Wir analysieren: ein Motorroller hat Raum für 1-4 Fahrgäste. Beim Fahren zu viert ist zu beachten, dass man sich von hinten nach vorn dem Gewicht nach absteigend auf das Gefährt setzt. Der zweite von hinten ist der Fahrer, vorausgesetzt seine Arme sind lang genug um an den 2 vor ihm Sitzenden vorbei zu greifen und den Lenker zu erreichen.

Nachtmarkt Hua Hin

Nachtmarkt in Hua Hin. Streetfood vom Feinsten.

Der Nachbar auf dem Balkon

Während wir konsumieren, was uns der abendliche Ausblick anbietet, öffnet sich die Tür des Nachbarbalkons und ein Thai tritt heraus. In seiner Hand trägt er eine besonders große Bierdose und auf dem Gesicht ein freundliches Lächeln. Als er uns grüßt schätze ich ihn auf ca. 30, denke mir aber im selben Moment, dass ich mich in beide Richtungen um bis zu 10 Jahre verschätzt haben könnte. Als er auf seinem weißen Plastikstuhl Platz nimmt, wirkt es so als säßen wir nun in gemeinsamer Runde auf dem Balkon, da unsere Abschnitte nur durch eine einfache Holzleiste voneinander getrennt sind. „Do you speak English?“, nachdem wir nebeneinander sitzend ein paar Mal von unseren Bieren genippt haben, breche ich die Stille. Seine raumgreifenden Gesten und sein Mund, dem man dabei zusehen kann, wie er nach Wörtern ringt, die ihm das Gehirn leider nicht liefert, deuten an, dass verbale Kommunikation allenfalls bruchstückhaft möglich sein wird. Aber sie ist möglich. „Tomorrow I Bangkok. I work Bangkok“ erfahren wir zumindest wenig später. Warum er sich dann am Vorabend 200km entfernt von Bangkok in ein Backpacker Guesthouse namens „The Fat Cat“ am Golf von Thailand eingemietet hat, hätten wir gerne erfahren. Tun wir aber leider nicht. Da die Kommunikation beschränkt ist, sind wir gezwungen, uns an Fragen entlangzuhangeln, die sonst höchstens das Einfallstor für ein tiefergehendes Gespräch darstellen: „Where are from?“ „Germany.“ „Ah Germany“. Und so weiter. Trotzdem ist die Stimmung gut und die Unterhaltung wird auf ihre eigene Weise immer unterhaltsamer. Ich frage ihn: „Which Thai beer do you like best?” Darauf er: “When I money I drink Singha, when I no money I drink Chang.” Heute trinkt er Chang. Er fragt: “What’s you name”? Aylin: “I’m Aylin”. Ich: “I’m Stefan”. „Ah Stefan, Hollywood!“ entgegnet er. „What’s your name?“, geben wir die Frage zurück. „I tell you what!“ Aylin und ich schauen uns an, abgleichend, ob wir beide dasselbe verstanden haben. „I’m sorry, how?“ frage ich noch mal vorsichtig. „I tell you what!“ Tatsächlich, die Laute hören sich genauso an, als sage er auf Englisch ‚I tell you what’. Mehrere Gedanken dazu schießen mir durch den Kopf: Zum einen: Wie viele Gags und Wortspiele sind wohl mit diesem Namen möglich? Zum anderen: werden die phonetischen Laute, die er ausspricht, möglicherweise erst in dem Moment wo sie durch mein westliches Ohr empfangen und von meinem westlichen Gehirn verarbeitet werden zu ‚I tell you what’ und hatten seinen Mund aber ursprünglich als ‚Itelyuwot’ oder ähnliches verlassen? Naja, da wir das nicht klären werden, halte ich es für eine gute Idee von ihm ein paar Wörter Thai zu lernen. Ich: „kop khun krap means ‚thank you’ right?“ Er: „krap, krap!“ Okay verstanden, weiter. Ich deute auf meine Bierflasche: „So, how do you say ‚Beer’?“ Er: „krap, krap, krap, krap!“ Plötzlich heißt alles ‚krap’. Wir lachen alle drei, wahrscheinlich jeder über irgendetwas anderes.

Zeit zu Bett zu gehen. Was bleibt als Erkenntnis von diesem Abend übrig? Die Landessprache des Ziellandes zu beherrschen ist Gold wert und es ist schwierig einen Zugang zu den Menschen zu finden, wenn man sich kaum unterhalten kann. Auf der anderen Seite: Der Versuch zur Verständigung lohnt sich – es könnte unterhaltsam werden!

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Stefan ist ein echter Travel Enthusiast! Sprachen und Reisen sind seine Leidenschaft. Darum hat er auch Englisch und Spanisch studiert. Seit der Weltreise krempelt er seine Karriere gerade komplett um. Seine Lieblingsthemen: das Unbekannte und Outdoorabenteuer.

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