Die Liebe geht bekanntlich durch den Magen. Eine Reise auch. Vor allem wenn sie nach Penang führt.
Erzählt man einem Malayen, man fahre nach Penang, dann gerät er ins Schwärmen über das beste Essen Malaysias- frisch, günstig und allerorts verfügbar. Mit leerem Magen geht es also an die Nordwestküste auf die Insel Penang. Eine Kostprobe.
Vom obersten Fenster des Chrystal Guesthouses inmitten von Chinatown sehe ich nicht nur die dampfenden Hawkerstalls (mobile Garküchen) aus der Vogelperspektive; scharf angebratener Knoblauch, würzige Chillies und Zwiebelduft drängen sich förmlich auf. Die Kellen klappern blechern in den heißen Woks, das Öl zischt und die Köche, die in sekundenschnelle Eiernudeln, Shrimps, Hühnchen, Ei und Sprossen mixen, diktieren militärisch Anweisungen an die fliegenden Kellner. Eine kleine, runde Weißhaarige regiert den beliebtesten der Stände. Ihr Wan Tan Mee (ein Nudelgericht mit Wan Tan, Sprossen, Ei und dunkler Soße) verkauft sich hundertfach. Ein hagerer alter Mann mit mürrischem Blick bringt die Schüsseln raus, kassiert sofort ab und hetzt zurück zur Weißhaarigen, die bereits die nächsten Schüsseln präpariert hat. Eine kleine Frau sammelt die Plastikschüsseln wieder ein, um sie am Straßenrand in großen Plastikwannen zu spülen. Dafür hockt sie routiniert in der „Squatposition“, die man auch beim Klogang auf den asiatischen Hocktoiletten beherrschen sollte.
Organisation ist alles
Ein Essensfließband läuft entlang des Straßenrandes im Minutentakt. So chaotisch dieser Kosmos auch erscheint, hier herrschen strikte Regeln und tayloristische Arbeitsteilung. Tische und Stühle teilen mehrere Essensstände, die sich jeweils auf ein Gericht spezialisiert haben. Hier gilt: What you see is what you get. Nix da mit Karte, geschweige einer englischen Variante. Stefan und ich halten regelmäßig den Verkehr auf. Im Schneckentempo ziehen wir an den einzelnen Ständen vorbei, versuchen einen Blick auf die Auslage oder in den Topf zu werfen. „Yes!“ ist meist die Begrüßung der Köche, die uns rasch einen Platz zuweisen oder direkt „Ok. 2.“ ankündigen- so als sei unser langsamer Gang bereits eine Bestellung gewesen. Hinter uns drücken die anderen Hungrigen, teilweise noch auf ihrem Moped sitzend, denn eine in Tütchen abgefüllte To-Go Variante gibt es auch.
Unter diesem sozialen Druck erscheint es uns absurd nach Erklärungen oder Übersetzungen auch nur zu fragen. Also geben wir die Frage einfach aneinander weiter: „Willst Du hier essen?“ –„Weiß auch nicht, was gibt es hier?“ –„Irgendwas mit Nudeln.“ Für die Außenstehenden müssen wir wie zwei Urwaldmenschen aussehen, die zum ersten Mal in der Zivilisation unterwegs sind.
Mit harten Bandagen
Dass es sich hier um knallhartes Business handelt, merke ich nicht nur an der autoritären Führung der zahlreichen grauen Ladys hinter den Töpfen- in der Gastronomie scheint das Matriarchat zu herrschen. Einen Abend ergattere ich einen Tisch neben einem Lor Bak Stand (hier wird alles am Spieß frittiert: Gemüse, Shrimps, Krebs, Hühnchen, Schweinefleischbälle). Stefan will Getränke besorgen- allerdings ist uns entgangen, dass Stühle und Tische sehr wohl abgezählt und nach „Getränkestandeinzugsgebiet“ zugeordnet sind. „You sit here, you drink here. You drink there (natürlich zeigt sie ausgerechnet auf den Stand, an dem Stefan gerade Säfte bestellen will), you GO!“ Dazu schüttelt die pummelige Kellnerin den Kopf mit einer Null-Toleranz-Mine. Dass es voll ist, wir neben ihrem Stand Essen bestellt und ich offensichtlich noch keinen Plan von den Gesetzen ihres Food Courts habe- interessiert nicht. Hier zählt jeder Ringgit Umsatz. Ihre Entschlossenheit schüchtert mich ein, so dass ich keinen anderen Ausweg sehe, als Stefan herzuwinken und bei der Pummelbedienung zwei Säfte zu bestellen. Emotionslos serviert sie den Sternfrucht- und Guavensaft, und wäre es nicht so kitschig, würde ich ihre Mine mit dem Eiswürfel in meinem Glas vergleichen.
Streetfood in Penang: wie eine Wundertüte
Den Genüssen Penangs nähern wir uns langsam an. Ein unglücklich lange aufhaltender Visumsantrag für Indonesien beschert uns ein paar Tage länger auf der „Perle des Orients“, wie Penangs Kolonialzeiten euphemistisch vermarktet werden. Jede Bestellung ist eine Wundertüte, des Öfteren erwische ich ungewollt Fischbrühe, glibberige Meeresfrüchte, entdecke Tentakeln und weinroten Tintenfisch in meinem Essen. Doch die Malayen heißen uns stets willkommen, ein ermunterndes Lächeln eröffnet das Tischgespräch. Die Jungen wie die Alten sind an uns interessiert, laden uns an ihren Tisch ein und freuen sich ebenso wie wir über einen Plausch beim Speisen. Kaum ein Essen, das wir alleine verbringen.
Mit offenen Augen (und Mündern) durch Penang
Mehr als die unzähligen Nudel- und Reisgerichte, deftige Suppen, dickem süßlichen Kopi (Kaffee) und dem unappetitlich aussehenden Ais Kacang (chrushed Eis mit Hubba-Bubba-Syrup, roten Bohnen, Mais und Gummibonbons) beeindrucken mich vor allem die Kunst der Köche, auf kleinstem Raum effizient ihre Gerichte zu zaubern und die einladende Haltung der Menschen: In einem chinesischen Dim-Sum Frühstückslokal winken uns zwei ältere Damen auf die noch freien Plätze neben sich. Fünf Minuten später offerieren sie den noch letzten freien Platz einer weiteren kleinen, gebückten Chinesin. Sie trägt ein paar Tüten vom Markt um die Ecke. So wie sie die Tüte hochhält, wirkt es, als wolle sie über den wieder gestiegenen Fleischpreis meckern. Sie schnattern, schlürfen Tee und beobachten amüsiert, wie ich mich zaghaft durch die Dim-Sum teste: wieder ein Fischbällchen erwischt.
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Bestes Essen war fuer uns in Little India! Ich habe noch nie so viele leckere Brotsorten mit verschiedenen Dips und Saucen gegessen:).
LG, Viola
Hmmm lecker. Sieht (zumindest farblich…) sehr gut aus.
Da werde ich mit meinem Leberkäse Brötchen in der Hand glatt neidisch.
Bin gespannt ob ihr irgendwann an den Punkt kommt und euch in einem deutschen Einwandererlokal ein Schnitzel mit Pommes bestellt 😉
Zum Beispiel hier: http://www.brotzeit.co/
Die haben sogar Filialen überall entlang eurer Route…
Bislang schmeckts gut oder wenigstens interessant 🙂 Brotzeit haben wir in Singapur sogar schon gesehen, in der Nähe vom „Stuttgart Blackforest Cafe“: http://www.scafe.com.sg 🙂
Haha 🙂
Das erinnert mich irgendwie an Flughäfen wie Memmingen-München oder Frankfurt-Hahn.
Besonders gut auf der Speisekarte gefällt mir: „We only use special coffee blends, imported from stuttgart“.
Ich glaub am Wochenende mach ich einen Ausflug zu den Kaffeeplantagen hier in der Region 🙂