Madagaskar, Weltweit
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Andringitra Nationalpark: Hitze im Tsaranoro-Valley {Madagaskar}

Im Andringitra Nationalpark entdecken wir Madagaskar von einer anderen Seite. Wir beziehen ein entlegenes Zeltcamp im Tsaranoro-Tal, das von schroffen Felswänden umschlossen ist, die hier bizarr fast senkrecht emporsteigen. Von hier aus wandern wir zu einem ganz besonderen Aussichtspunkt.


Mir geht’s nicht besonders an diesem Morgen. Ich muss mir den Magen verstimmt haben. Das Sakay, eine scharfe Chilipaste, die ich hier so gern unter meine Mahlzeiten mische, wird’s wohl gewesen sein. Jedenfalls überlege ich ernsthaft die geplante Wanderung abzusagen.

Das Tsara-Camp im Andringitra-Nationalpark

Wir waren am Vorabend angereist, was eigentlich schon eine Geschichte für sich war. Das liegt an der Entlegenheit des Tsara-Camps, unserer Zeltunterkunft. Als wir die Hauptstraße in der Dämmerung verließen, mussten wir den Wagen auf Vierradantrieb umstellen, wegen der vielen Steine und Schlaglöcher. Wie auf einem bockigen Pferd hoppelten wir durch die Nacht. Draußen nur trockene Einöde. Schwer fassbar, dass wir bald ein Dorf erreichen sollten – doch es kam tatsächlich. Man merkte es nur kaum. Es gab auch hier kein Licht. Gesichter flackerten vereinzelt hinter Feuerstellen auf, man nahm akustisch wahr, dass Menschen unterwegs waren. Es gab nur den Sternenhimmel und das was vom Lichtkegel der Scheinwerfer erfasst wurde. Irgendwann wurden silberne Lichter erkennbar, die wie heruntergefallene Sterne leuchteten. Die vereinzelten Glühlampen des Camps wurden zur Verheißung.

Am Frühstückstisch werfe ich mir eine Aspirin ein. Kann ja nicht sein, denke ich mir. Dass man diesen ganzen Weg bis hierher zurückgelegt hat und dann kneift, wenn einem mal „nicht gut“ ist.

Zumal mir unser Vorhaben zusagt: das Camp im Tsaranoro Valley wird umschlossen von steilen Felsen. Einer von ihnen hat ein besonderes Merkmal: ganz oben am Rand liegt eine Felsformation, die aussieht wie ein Chamäleon, das über das Tal wacht. Genau da wollen wir hochwandern. Über einen ca. 6-stündigen Rundweg soll dies möglich sein.

Tsara-Camp Andringitra

Unser Zelt im Tsara-Camp – unverhältnismäßig komfortabel.

Tsaranoro-Valley Dorf Madagaskar

Im Tsaranoro-Valley

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Nationalparks in Madagaskar: nur mit Guide

Wer durch Madagaskars Nationalparks streifen möchte, muss vorher einen lokalen Guide anheuern. Das ist hier in Andringitra nicht anders. Diesmal begleitet uns Ravo. Er ist 21 Jahre jung und hat mal für 6-Monate einen Englischkurs besucht, um die Karriere als Guide ins Rollen zu bringen. Seine Kenntnisse reichen aus, um sich grundsätzlich zu verständigen. „They know their script well, but struggle with questions.“, schreibt der Lonely Planet treffend über die Englischkenntnisse der Guides in der Region. Viel wichtiger jedoch ist: er strahlt gute Laune aus und das geht auch ohne Worte.

Mein Kopf wummert, als wir durch das Tal gehen. Schritt für Schritt. Aber was bringt das Klagen? Was hat die Gruppe von Einem, der in regelmäßigen Abständen erläutert, wie schlecht es ihm gerade geht? Würde mich das nicht auch herunterziehen? Fragen an mich selbst.

Der schönste Grashüpfer, den ich je gesehen habe, sitzt im Stroh. Allein die Farben! Ravo nimmt ihn auf die Hand und plötzlich entfaltet sich der rosa Flügel wie eine Ziehharmonika. Auch ein paar Katta-Lemuren schwingen sich durch die Äste. Heute aber war ich wegen der Landschaft mitgekommen – ich freue mich, als wir aus dem Wald emporsteigen und entlang der steilen Felsen weitergehen – immer dem steinernen Chamäleon entgegen.

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Hier werden unglaubliche Blicke möglich. Diese Rundumansichten, für die wohl die Panoramabild-Funktion meines Handys erfunden wurde. Überall erheben sich diese senkrechten Felswände, sogar in mehreren Reihen hintereinander. Ravo hat uns ein Mittagessen in Tupperschüsseln mitgebracht und tauft unser schattiges Plätzchen liebevoll „Cave-Restaurant“. Unsere Herzen jedoch erobert er vollends mit der saftigen Ananas zum Nachtisch.

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Immer Richtung Chamäleon

Nur eine Handvoll anderer Touristen macht heute die Chameläon-Runde im Andringitra Nationalpark. Ein französisches Ehepaar setzt sich schwitzend zu uns auf den Felsen. Wo sie genau herkommen, fragen wir. Er antwortet, „We have an apartment in Paris and a countryhouse 1 hour away“, wohlwissend, dass diese Kombination so verkehrt nicht ist. Wir laufen weiter. Ganz langsam, also Mora Mora, wie man auf Madagaskar sagt.

Als wir an der Spitze ankommen, steckt Ravo sich eine Zigarette an und zeigt auf eine kleine Siedlung im Tal: „This is my village.“ Irgendwie schön das alles. Jetzt kommt der Junge aus diesem kleinen Dorf. Aus einer anderen Welt, wo er sich ein Zebu-Rind zulegen muss, um auf dem Heiratsmarkt etwas wert zu sein und dennoch kommt er mir so vertraut vor. Ein Junge eben, der sich für Fußball, Musik und Mädchen interessiert. Das ist auch so eine Erkenntnis vom Reisen: zu häufig wird nach den Unterschieden Ausschau gehalten, was den Blick für die Gemeinsamkeiten verschleiert.

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Den Abstieg machen wir zu der Tageszeit, an der die Sonne ihren höchsten Punkt erreicht. Sonst war es in Madagaskar immer sehr angenehm frisch, doch hier drückt eine enorme Hitze. Ravo bleibt motiviert, hält das hohe Energielevel und zeigt uns klitzekleine gelbe Frösche, die an den stabilen Blättern der Agaven sitzen. Er macht diese Runde drei bis vier Mal pro Woche.

Am Nachmittag erreichen wir unser Camp. Nachher ist man immer froh, dass man sich aufgerafft hat, denke ich mir. Zum Schlafen bleibt hier im Niemandsland unter den Sternen immer noch Zeit genug. Und am nächsten Tag geht es mir schon wesentlich besser. Der irre Roadtrip durch Madagaskar kann also weitergehen!

Zebu Madagaskar

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Offenlegung: Unser Roadtrip durch Madagaskar wurde von Erlebe-Fernreisen unterstützt. Lieben Dank an Christina vom Madagaskar-Team für die kompetente Beratung und an Julia für ihre Engelsgeduld bei all unseren Fragen 🙂 !

Kategorie: Madagaskar, Weltweit

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Stefan ist ein echter Travel Enthusiast! Sprachen und Reisen sind seine Leidenschaft. Darum hat er auch Englisch und Spanisch studiert. Seit der Weltreise krempelt er seine Karriere gerade komplett um. Seine Lieblingsthemen: das Unbekannte und Outdoorabenteuer.

3 Kommentare

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  2. Gunda Johansson sagt

    Ein sehr schöner informativer Bericht ich frage mich ob ich das mit 70zig Jahren schaffe? Habe gerade das 3 Mal als Ruck Sack turist mich auf Reise gewagt.
    Gruß Gunda aus Schweden aber geborener Rheinlander aus Neuss

    • Liebe Gunda,

      das ist ja toll- dann hast Du das Rucksackreisen nun auch für Dich entdeckt? Das packst Du bestimmt- und man kann sicher auch eine kürzere Route laufen mit dem Guide, wenn man sich an dem Tag nach einem etwas entspannteren Programm sehnt.

      Liebe Grüße nach Schweden 🙂
      Aylin

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