“Taxi? Taxi? Boat to Koh Tao?”
Wir kommen gerade aus dem Zug gehüpft – es liegen bereits 5 Stunden Zugfahrt hinter uns – und bräuchten ein paar Minuten um uns zu sammeln. Aber ja- wir wollen ein Taxi zum Pier und ja- wir wollen auch nach Koh Tao. Wir sprechen zwei weitere Backpackerinnen an, um ein Taxi zu teilen- denn niemand will in Chumpon- dem Hub für eine Fähre auf die Insel Koh Tao- bleiben. Schnell ist eine Dame zur Stelle, die uns Taxi und Fähre anbietet: „you buy ferry ticket at harbour, not here. 250 Baht.“ Die Koordinaten stimmen mit unseren Informationen überein, also geht es wenige Minuten später mit dem Tuk Tuk zum Fähranleger.
Dass die Fähre heute ausnahmsweise um 22.00 Uhr statt um Mitternacht fahren soll (Grund: irgendwas zwischen Low Water und Buddha Day), macht uns noch nicht stutzig.
Zu groß die Sehnsucht nach Erfrischung und etwas Essbarem- am Hafen soll sich unserem Reiseführer zufolge bereits eine auf Backpackerbedürfnisse eingerichtete Infrastruktur entwickelt haben. Noch bevor wir unsere Rucksäcke wieder auf den Rücken haben, ist der Tuk Tuk Fahrer wieder von dannen und wir stapfen zum Hafen runter- oder was von diesem übrig ist. Kein Tourist weit und breit. Ein verfallenes Gebäude, dessen Tragesäulen und Dachüberreste vor sich hin gammeln. Ein paar streunende Hunde suchen den zwischen Holzplanken und Bauschutt liegenden Müll nach etwas Nahrhaftem ab. Ein paar Fischerboote liegen im Hafen, die ihre besten Tage bereits hinter sich haben. Seemänner in Shorts hieven Wasser- und Colapaletten über ein paar Bambusstöcke, die einen Steg bilden sollen. Eine junge Thai sitzt in einem kleinen Büro, welches im verlassenen ehemaligen Wartebereich des Hafens liegt, und kritzelt geschäftig in einem Block rum. „Is there a ferry to Koh Tao?“ „Yes. 250 Baht.“ Zumindest stimmt der Preis, auch wenn es mehrfach Verwirrung bezüglich der Abfahrtszeit gibt: laut Fahrplan fährt die Fähre um Mitternacht. Da heute entweder Low Water oder ein ominöser Buddha Day ist, sollte sie um 22 Uhr abfahren. Unseren Reisegefährtinnen von der Taxifahrt wurde eine Fahrt um 19 Uhr verkauft. Uns wird nun eine Fahrt um 23 Uhr angeboten. In solchen Situationen bleibt einem Reisenden, der sich im Land und mit den Gepflogenheiten der Kommunikation höchstens oberflächlich auskennt, nur Vertrauen. Vielleicht ist das alles ganz normal? Vielleicht werden wir hier aber auch verschaukelt.
Ist das nun die richtige Fähre?
Die Nacht bricht bereits gegen 18.30 Uhr ein, so dass wir uns in der Dunkelheit auf unser schaukelndes Gefährt begeben. Den Weg über den schmalen Bambussteg hüpfen die Seemänner selbst mit unseren Rucksäcken bepackt gekonnt entlang. Ich hingegen möchte am liebsten auf allen Vieren rüberkriechen. Wieder ein Moment des Zweifels, ob das hier die richtige Fähre ist. Immerhin muss uns dieses alte Fischerboot die 75 km über das offene Meer auf die Insel bringen. Auf dem Oberdeck des Schiffes, zwischen Wasser- und Colapaletten, schlagen wir Vier- es sind keine weiteren Reisenden hinzugekommen- unser Lager auf. Das Boot schippert gemütlich los (wir werden über 6 Stunden für die 75 km benötigen). In der Nacht kann man zwischen Wasser und Himmel nicht unterscheiden, einzig das Weißwasser der Wellen im Neonlicht unseres Bootes leuchtet zwischendurch auf. Die Crew, ein drahtiger Burmese, dessen Bewegungen perfekt dem Wellengang angepasst sind, zwei weitere Packer und ein Steuermann, den man nie sieht aber hofft, dass es ihn gibt, scheinen sich im unteren Teil des Schiffes ein Nachtmahl mit zugehöriger Seemannsbrause zu genehmigen. Wir werden ebenfalls vom Wellengang schläfrig und dösen auf den Rucksäcken liegend vor uns hin. Das sanfte Schaukeln wandelt sich irgendwann in ein unbarmherziges Auf und Ab, die Reisetablette taugt nichts, und so suche ich verzweifelt eine Position, in der ich es die nächsten Stunden aushalten kann.
Der Fuß von Seemann Nr. 2 weckt mich auf. Scheinbar macht die Brause schläfrig, so dass er sich zu uns gesellt hat. Vor allem die zwei Backpackerinnen haben es ihm angetan. Im Schlaf, oder zumindest schlafend getarnt, robbt er immer näher, bis die Wohlfühldistanz maßlos überschritten ist. Selbst unsere selbstgezogene Wand aus Rucksäcken hält ihn nicht fern. Daher legen wir Vier uns um, leider bleibt nur ein vibrierender Platz über dem Motor übrig. Sich darauf zu konzentrieren, dass die Übelkeit nur im Kopf entsteht, in die Ferne schauen, tief durchatmen- alles bringt nichts. Binnen von Minuten hänge ich über der Reling und blicke in die Wellen. Das dürftige Abendessen findet seinen Weg in die dunkle See- aber dafür erblickt der drahtige Burmese Koh Tao am Horizont, ein wahrhaftiger Lichtblick.
Durchmachen in einer geschlossenen Bar
Um 1.30 Uhr in der Früh betreten wir Koh Tao, eine 21 km² große Insel. Mit dem Optimismus, noch ein Bett zu finden, wandern wir die Strandpromenade ab. Vielversprechend und gemütlich sieht es aus, nur leider geschlossen. Die Hoffnung stirbt zuletzt, und so laufen wir einfach weiter. Bis die Natur uns zum Halten zwingt, denn ein Regenschauer wandelt sich binnen von Sekunden in einen gigantischen Wasserschwall. Die am Tag belebten Strandbars schlummern vor sich hin, verfügen praktischerweise aber nicht über Wände. Dies ist unser Glück- wir finden Unterschlupf in einer leeren, dunklen Bar- immerhin haben wir nun ein Dach über dem Kopf. Mittlerweile ist der Tipping Point erreicht, ab dem es sich nicht mehr lohnt, ein Bett zu suchen. Es ist 2.30 Uhr in der Früh, die Sonne wird Koh Tao um 6 Uhr wecken. Was macht man in einer leeren Strandbar, mitten in der Nacht? Stefan inspiziert die Küche nach Essbarem, aber bis auf dutzende Ketchupflaschen nichts zu finden. Die Kühlschränke sind verschlossen. Ab und zu miaut eine Katze vorbei. Ein Bächlein aus Regen windet sich den Weg in die Strandbar. Generatoren der Klimaanlagen röhren gleichmäßig vor sich hin. Wir sind zum Schlafen zu wach und zum Wach sein zu müde. Der Sonnenaufgang erlöst uns aus der Warteschleife, und so ziehen wir um 6.30 Uhr weiter, uns ein Bett zu suchen.
Das hoffen wir 🙂 aber zum Reinkommen gehts schon gut los 😉
Oh man, Stefan und Aylin, da erlebt ihr ja gleich zum Beginn Eurer Welttour eine Menge. Aber wartet ab es wird mit Sicherheit noch abenteuerlicher.